Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

Beziehungstipps

Stalking: Was tun, wenn der/die Ex mir nachstellt

Wieso wollen manche Menschen das Ende einer Beziehung nicht akzeptieren? Und wie können sich ihre Ex-Partner wehren?

Wenn der Partner geht, kommt die Trauer. Man will nicht wahrhaben, dass es aus ist. Man ist verzweifelt und wütend. Dann schliesst man Frieden, lässt los und geht weiter. Nicht immer: Manche lassen nicht los. Über Monate oder gar Jahre. Obwohl sie keine Chance haben. Sie belagern ihre Ex-Partner mit Telefonaten und E-Mails, sie lauern ihnen auf, spionieren nach, manchmal bedrohen sie sie gar.

Stalking nennt man das (stalk = [sich an]pirschen). Gemäss Studien in den USA, in England und Australien sind 12 bis 19 Prozent der Frauen und 4 bis 12 Prozent der Männer schon mal über längere Zeit so belästigt worden. Die Dunkelziffer könnte, vor allem bei Männern, recht hoch sein, da das Stalking oft aus Scham verschwiegen wird. Und: In mindestens der Hälfte der Fälle stellen Stalker nicht Fremden oder Bekannten, sondern ihren Ex-Partnern nach.

Dahinter steckt Ohnmacht

Warum lassen sie nicht los? Sie haben ein problematisches Bindungsverhalten. Sie vertrauen ihren Partnern nicht, haben eine Riesenangst, verlassen zu werden, und finden sich im Grunde nicht liebenswert. Sie sind eifersüchtig und kontrollierend; dahinter verbergen sich Ohnmacht und Hilflosigkeit. Das geht auf eine unsichere frühkindliche Bindung mit Bezugspersonen zurück, auf deren Liebe und Unterstützung sie sich nicht verlassen konnten.

Zerbricht bei diesen Menschen eine Beziehung, dann bäumt sich ihre nie überwundene kindliche Urangst auf, im Stich gelassen zu werden. Mit allen Mitteln suchen sie das zu vermeiden; sie suchen die Bindung um jeden Preis. Jede Aufmerksamkeit, die ihnen geschenkt wird, und sei sie noch so ungehalten oder angsterfüllt, sehen sie als Bestätigung dafür, dass eine Bindung besteht. Zudem gibt es ihrem Rachegefühl Genugtuung, wenn sie die Person, die ihnen so Schlimmes angetan hat, mit ihrem Verhalten in der Hand haben.

Daraus ergibt sich der wichtigste Verhaltenstipp für die Belästigten und Verfolgten: Opfer sollen sich nicht auf Kontakte mit den Stalkern einlassen. Einmaliges klares Zurückweisen ist angezeigt. Der Satz «Nein, ich will keinen Kontakt mehr mit dir» ist genug. Ohne Rechtfertigungen abzugeben, ohne Mitgefühl zu zeigen. Alles andere ermuntert zum Weitermachen.

Unterstützung durch Drittpersonen

Das Hartbleiben fällt vielen schwer. Ihnen hilft das Wissen, dass sie keinerlei Schuld trifft, und dass ihre Ex-Partner nicht aus Liebe handeln, sondern ein völlig unangepasstes, egoistisches Verhalten aufweisen, für das sie therapeutische Hilfe brauchen. Genauso wie die Opfer jede Unterstützung brauchen können: Freunde und Fachpersonen fangen sie in dieser enorm belastenden Situation auf, Beratungsstellen helfen ihnen, Massnahmen zu finden, die in ihrem Fall helfen können, die Situation zu entschärfen.

Schritt eins aber ist, zuzugeben, dass man ein Stalking-Opfer ist. Nur wer das tut, kann sich aktiv aus der Opferrolle befreien und loslassen.

Tipps zum Umgang mit Stalking

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