Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

25.08.2005 4

Mein Kind ist ein Aussenseiter

Wenn Ihr Kind zum Aussenseiter wird, nützen Vorwürfe nichts. Sie müssen ihm helfen, bessere soziale Fertigkeiten zu entwickeln und Kinder zu finden, die zu ihm passen.

«Nein, du darfst nicht mitspielen!» Dieser Satz schmerzt. Und doch trifft er viele Kinder. Sie landen im Aus, weil sie anders aussehen, sich auffällig benehmen, gescheiter oder langsamer sind als die anderen. Die Eltern kriegen das oft nicht gleich mit.

Denn ein Kind schweigt aus Angst oder Scham, zieht sich zurück, wirkt bedrückt und spielt plötzlich lieber mit der Playstation als in der Gruppe. Elterliche Vorwürfe wie «Du solltest mehr rausgehen!» helfen ihm in dieser Situation nicht, sie verstärken nur das Gefühl: «Mit mir stimmt etwas nicht.» Was hilft, ist die einfühlsame Einladung, sich zu öffnen: «Mir fällt auf, dass du nicht mehr mit den anderen spielst. Ist etwas passiert?»

Vielleicht stellt sich heraus, dass eine Gruppe für das Kind ganz einfach die falsche ist. Weil es andere Interessen hat. Seine Eltern können ihm helfen, ein Umfeld zu finden, das ihm eher entspricht. Ein Kind muss nicht in jede Gruppe passen. Wichtig ist, dass es eine Gruppe hat, in das es passt. Damit es in seiner Einzigartigkeit Selbstvertrauen entwickelt.

Soziale Fertigkeiten mit Rollenspielen lernen

Manchmal ist unklar, wieso ein Kind Aussenseiter ist. Dann sollten die Eltern sein Gruppenverhalten beobachten und bei anderen Eltern oder Lehrern nachfragen. Vielleicht benimmt sich das Kind in der Gruppe ungeschickt, ist provokativ, unehrlich, angeberisch oder knausrig.

Die fehlenden sozialen Fertigkeiten kann es zu Hause trainieren: Mama schlüpft in seine Rolle und spielt ihm sein Verhalten vor. Das Kind übernimmt gleichzeitig den Part eines anderen Kindes und erfährt so am eigenen Leib, wie es auf andere wirkt. Dann spielt es sich selbst und probiert an Mama neue Verhaltensweisen aus. Auch schüchterne Kinder können in Rollenspielen auf lockere Weise üben, selbstbewusster aufzutreten.

Wichtig ist, dass die Eltern ihr Kind auf seine Schwächen aufmerksam machen, ohne es zu kritisieren, und dass sie seine Fortschritte loben. «Wir stehen hinter dir» lautet die Botschaft. Falsch wäre es auch, das Kind zum wehrlosen Opfer zu erklären und mit wehenden Fahnen gegen die bösen ande- ren Kinder anzutreten. Erstens würden diese es dem Kind morgen heimzahlen. Zweitens lernt es so nicht, für sich einzustehen.

Die Eltern müssen sich selbst hinterfragen

Bisweilen müssen die Eltern aber auch mit sich selbst ins Gericht gehen: Ist ihr Kind schüchtern, weil sie ihm nichts zutrauen? Ist es vorlaut, weil sie es vernachlässigen? Ist es unehrlich, weil sie es auch sind? Wurde es zum Aussenseiter, weil es nicht darf, was alle anderen dürfen? Wenn die Werte zu Hause das Kind in der Gruppe unglücklich machen, sollten sie überdacht werden.

Schliesslich geht es bei guter Erziehung darum, das Kind optimal auf das Leben vorzubereiten. Und der Umgang mit anderen ist im Leben zentral.

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