Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

07.07.2005 7

Nur keine falsche Scham

Obwohl Teenager schon viel über Sex wissen, sind sie oft unsicher, wenns um ihre eigene Sexualität geht. So können Sie ihnen helfen.

So gut Jugendliche heutzutage in Sachen Sexualität aufgeklärt sind, so viele Fragen bleiben offen – besonders was die Praxis angeht: Wie küsst man? Was macht man beim Vorspiel? Wie fühlt sich ein Orgasmus an? Zusätzlich schlagen sich die Kids mit allerlei Mythen herum: Schrumpft der Penis, wenn man sich oft selbst befriedigt? Ist man frigide, wenn man nicht zum Höhepunkt kommt? Oder sexsüchtig, weil man ständig an Sex denkt?

Ums auf den Punkt zu bringen: «Stimmt bei mir was nicht?» ist eine der wichtigsten Fragen in dieser körperlichen und seelischen Umbruchphase. Jetzt hilft den Jugendlichen die Bestätigung der Eltern besonders: «Du bist gut so, wie du bist», und «Was du durchmachst, ist normal». Das stärkt ihr Selbstwertgefühl. Und dieses brauchen sie, um ihre Bedürfnisse und Grenzen anzuerkennen und zu ihnen zu stehen. Damit das, was schön begann, nicht unschön endet.

Unschuldige Lust

Denn dass Sex schön ist, wissen sie seit langem. Von klein auf haben sie gelernt, ihre Sexualität zu (er)leben. Schon als Babys empfanden sie sexuelle Erregung, und sobald sie konnten, übten sie, diese zu steigern. In aller Unschuld und oft völlig unbewusst. Sie lernten, sich selbst zu befriedigen, sie erfreuten sich an Doktorspielchen, sie nutzten sportliche Aktivitäten, um das gewisse Etwas zu verspüren. Mit dem Hormonschub in der Pubertät melden sich die sexuellen Gefühle dann noch deutlicher an.

Damit tun sich manche Eltern schwer. Doch mit Scheuklappen oder Verboten pflanzen sie den Kindern nur Schuld- und Schamgefühle ein und verbannen die Sexualität in die Heimlichkeit. Wenn sie indes aufgeschlossen sind gegenüber dem, was sie sehen und hören, werden die Kids ihnen mehr vertrauen und anvertrauen – und sie können ihren guten Einfluss wirken lassen.

In der Sexualität gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Was früher als pervers abgetan wurde, gilt heute als normal. Egal, wie lächerlich eine Frage oder wie schockierend eine Äusserung klingen mag, heissts für die Eltern daher immer: «Ernst nehmen und nicht werten». Und wenn es zu einer ungewollten Schwangerschaft oder zu einer negativen sexuellen Erfahrung kommt, helfen Sätze wie «Du hast es gesucht!» gar nichts. Das Kind leidet schon mehr als genug, jetzt braucht es keine Schuldzuweisungen, sondern die volle elterliche Unterstützung.

Übung macht den Meister

Auf jeden Fall sollten zwei Themen besprochen werden. Erstens Übergriffe. Es stärkt das Selbstvertrauen der Jugendlichen, wenn die Eltern Komplimente über ihr Aussehen machen. Zugleich sollten sie ihnen klar machen, dass sie mit ihrer Attraktivität auch Menschen anziehen, die sie rücksichtslos ausnützen wollen. «Tu nichts, was du nicht tun willst!» und «Du darfst Nein sagen!», das sind zwei Sätze, die Teenager immer wieder hören sollten. Und natürlich auch: «Tu nichts, was der andere nicht will.»

Zweitens Verhütung. Aids und weitere sexuell übertragbare Krankheiten nehmen heute wieder zu, und darum geht ohne Pariser nichts. Eine Packung Kondome ist ein schönes Geschenk für Jungen wie Mädchen. Damit die Kids in aller Ruhe für den Ernstfall üben können (Mädchen dürfen sich dafür am Bananenvorrat bedienen). Übung – allein und zu zweit – macht den Meister: Darum gehts beim Thema Sex und Jugendliche. Eltern tun gut daran, sie in ihrem sexuellen Lernprozess zu unterstützen. Denn je mehr Übung die Kids haben, desto weniger Unfälle passieren.

Tipps für Eltern