Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

16.06.2005 4

(K)ein Problem!

Wer häufig von Problemen redet, macht sie sich auch dort, wo gar keine sind. Üben Sie andere Formulierungen, sie beeinflussen Ihr Handeln positiv.

Den Kurs würde ich ja gern belegen», sagt Heinz und setzt sein Bierglas ab, «doch das Problem ist, dass ich dafür eine Bewilligung vom Chef brauche.» – «Die kriegst du doch mit links!», entgegnet sein Freund Charly. Heinz runzelt die Stirn: «Ja, aber das Problem ist, dass ich kein Auto habe.» – «Ich geh ja auch, ich kann dich mitnehmen», schlägt Charly vor. «Das ist nett. Das Problem ist nur, dass an den Kursabenden meine Lieblingsserie am Fernsehen läuft», wendet Heinz ein. «Dann nimm sie doch auf!» – «Tja, das Problem ist ...»

Hang zur Übertreibung

Auf jeden Rat von Charly kontert Heinz mit einem neuen Problem, als seien ihm haufenweise Steine in den Weg gelegt. Übertreibt er da nicht ein bisschen? Probleme sind schwierige Aufgaben, Belastungen oder Konflikte, für die Lösungen gesucht werden müssen. Und bei der Kursbewilligung, der Autofrage und dem Terminkonflikt punkto TV-Serie liegt die Lösung auf der Hand.

Freilich, sie ist mit etwas Mehraufwand verbunden; das haben Lösungen so an sich. Ein Problem wird daraus nur für den, der meint, dass im Leben alles reibungslos laufen soll. Vielleicht macht Heinz deshalb Felsblöcke aus diesen kleinen Steinen, diesen alltäglichen Herausforderungen, die zu jedem Lebensweg gehören. Zu Problemen werden diese erst, wenn die Lösung nicht auf der Hand liegt oder scheitert – zum Beispiel, wenn der Chef Heinz die Bewilligung verweigert.

Die wahren Gründe finden

Möglicherweise ist Heinz ja auch ein Pessimist und malt sich genau dieses Scheitern aus, diese Probleme, die am Horizont auftauchen könnten – damit sie ihn ja nicht überraschen. Oder vielleicht ist es gar so, dass er Probleme als Entschuldigung braucht, weil er das Weitergehen scheut. Vielleicht hält ihn auch seine Bequemlichkeit davon ab, oder es steckt Angst vor dem Kurs dahinter. Er baut aus Felsblöcken einen Schutzwall.

Was immer seine Gründe sind – wie jeder Mensch hat auch Heinz zu viele echte Probleme, um sie sich dort einzureden, wo keine sind. Worte sind mächtig; sie wirken nicht nur auf andere, sondern auch auf den, der sie spricht. Jedes Mal, wenn Heinz sagt, dass etwas ein Problem sei, wird ein vager Gedanke zur Wirklichkeit: Das Problem wird geboren, weil er es so nennt. Darum sollte Heinz sein «Das Problem ist ...» weglassen oder durch ein neutrales «Es ist so ...» oder ein «Tatsache ist ...» ersetzen.

Umdenken lernen

Noch besser ist, wenn er von Fragen statt von Problemen spricht. Damit lenkt er seine Gedanken automatisch zur Lösungssuche hin. So sollte er besonders auch echte, handfeste Probleme beschreiben. Etwa die ständigen Streitereien, die er seit längerem mit seiner Frau hat. Statt «Das Problem ist, dass wir dauernd streiten» sagt er: «Die Frage ist, wie können wir die Streitereien vermeiden?»

Wenn er so redet, legt er sich keine Steine in den Weg, sondern sucht im Gegenteil nach Methoden, bestehende Steine aus dem Weg zu räumen. Wie gesagt: Das bedeutet Mehraufwand und oft auch Mut. Und es macht ihm auf die Dauer glücklicher – Stehenbleiben nicht.

Formulieren Sie anders