Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

24.2.2005 08

Saboteur des Lebensglücks

Unzufriedene Menschen jammern häufig. Sie erhoffen sich Mitgefühl und Bestätigung. Doch ihre missliche Lage verändern sie damit nicht.

Wer kennt ihn nicht, den ewig Unzufriedenen, der jedes «Wie gehts?» als Einladung zur Motz- und Jammertirade über alles und jeden sieht: über seinen Chef, der die Bezeichnung «Abteilungsleiter» nicht verdient hat. Über seine Ehe, die ihn nicht mehr befriedigt. Über sein Heimatland, dessen Wirtschaft ebenso zu wünschen übrig lässt wie das Wetter.

Warum tut er das? Was unterscheidet ihn von anderen, die auf ein «Wie gehts?» mit «Danke, gut!» antworten – obwohl ihre Lebensumstände keinen Deut besser sind als seine? Freilich müssen auch sie ab und zu mal Dampf ablassen – doch danach geht es ihnen wieder gut. Und wenn nicht, dann suchen sie eine Möglichkeit, wie sie ihre Lage ändern können.

Nur ja nichts verändern

Am Ändern seiner Lage ist der ewig Unzufriedene nicht interessiert. Im Gegenteil. Auf jeden gut gemeinten Rat kontert er mit einem störrischen «Ja, aber». Er findet immer einen Grund, warum eine Lösung nicht machbar ist – insbesondere dann, wenn sie konkretes Handeln von ihm abverlangen würde. Denn er scheut das Handeln. Daher will er keine Ratschläge hören, sondern die mitfühlende Bestätigung, dass er nichts tun kann, weil er ein Opfer seiner Lebensumstände ist. Der ewig Unzufriedene will hören, dass es nicht in seiner Macht, in seiner Verantwortlichkeit liegt, an seinem Leben etwas zu ändern. Weil Änderungen vorzunehmen unkomfortabel und riskant ist. Da bleibt er lieber beim Alten. Und motzt und jammert fleissig darüber. Denn damit tut er immerhin etwas – auch wenns nur reden ist.

Mit Worten distanziert er sich von seinen Lebensumständen, ja er stellt sich über sie. Je mehr er alles um sich herum schlecht macht, desto besser steht er in seinen Augen da. Und das hat er nötig – denn wenn er versehentlich mal in den Spiegel seiner Seele blickt, findet er sich gar nicht so toll. Insgeheim merkt er nämlich, dass er sich selbst betrügt: Egal, wie sehr er sich mit Worten davon distanzieren will, so steht er doch immer genau dort, wo er steht. In seiner Anstellung, in seiner Ehe, in seinem Land. Er fühlt sich schäbig, weil ihm der Mut fehlt, anderswo hinzugehen. Er wähnt sich in der Schwebe und verpasst dabei das Leben, in dessen Mitte er in Tat und Wahrheit steht.

Endlich zur Tat schreiten

«Gib mir die Gelassenheit, das zu akzeptieren, was ich nicht verändern kann; den Mut, das zu verändern, was ich nicht akzeptieren kann – und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.» Diesen alten Bittspruch sollte sich der ewig Unzufriedene zu Herzen nehmen. Er allein ist verantwortlich dafür, dass er im Leben glücklich wird. In diesem Sinn ist er kein Opfer, sondern ein Täter.

Auch wenn ihm manchmal der Mut oder die Möglichkeit fehlt, seine Lebensumstände zu ändern, so liegt es doch in seiner Macht, sie zu akzeptieren, wie sie sind. Beides – Ändern wie Akzeptieren – sind Herausforderungen, denen er sich stellen sollte, statt wertvolle Energie ins Motzen und Jammern zu verpulvern. Denn seine ewigen Tiraden bringen ihm auf die Dauer gar nichts – ausser, dass sich seine Mitmenschen von ihm abwenden.

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