Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

12.8.2004 3

Funkstille statt Endlosstreit

Streit mit dem Liebsten? Eine kleine Auszeit bringt manchmal mehr als tausend Worte. Vorher sollten Sie jedoch die Bedingungen festlegen.

Wenn Edith und Andi streiten, endet das immer gleich: Andi blockt ab und will nicht mehr reden. Schweigestrafe nennt Edith das. Dabei will Andi sie gar nicht bestrafen. Sein Rückzug hat mehr mit Selbstschutz zu tun. Er fühlt sich nämlich in die Enge getrieben. Er spürt, dass hier ein Schlagabtausch nach festem, unschönem Muster abläuft, in dem es nur noch darum geht, den anderen zu übertrumpfen und niederzumachen.

Und daher ist so eine Auszeit, wie Andi sie erzwingt, gar nicht schlecht: Sie durchbricht den destruktiven Streitkreislauf. Doch Auszeiten müssen auf einem gemeinsamen Einverständnis beruhen, zu dem die Partner in Friedenszeiten gekommen sind, sonst fühlt sich der eine verunsichert, weil er nicht weiss, was Sache ist.

Klar formulieren

Andi sollte sich also nicht einfach zurückziehen, sondern klar durchgeben, dass er eine Auszeit will und wie lange diese dauern soll: «Ich brauch eine Auszeit! Für zwei Stunden», ruft er etwa. Eine Auszeit sollte zwischen einer halben und zwei Stunden dauern und in echten Notfällen vorzeitig abgebrochen werden.

Das gegenseitige Einverständnis im Voraus ist wie gesagt entscheidend. Denn wenn Andi in der Hitze des Gefechts «Ich brauch eine Auszeit!» ruft, kontert Edith bestimmt mit «Jetzt nicht!» oder «Das ist feige!» Davon sollte sich Andi nicht beirren lassen, jetzt darf er sich zurückziehen. Edith muss sich seinem Wunsch fügen, das ist so abgemacht.

Feige ist eine Auszeit sowieso nicht. Sie dient nicht dem einen zur Flucht, sie dient vielmehr beiden dazu, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Alkohol trinken empfiehlt sich während der Auszeit ebenso wenig wie lange Telefonate mit der besten Freundin. Besser sind Spaziergänge an der frischen Luft. Allein. Nach der ersten Abkühlung sollten sich beide fragen: «Was wollte ich während des Streits erreichen?», «Was habe ich gesagt, um das zu erreichen?», «Was habe ich tatsächlich erreicht?»

Entschuldigung nötig

Denn meist ist ein Streit ja ein missglückter Versuch, in irgendeiner Sache zu seinem Recht zu kommen. Dieses Ziel wird kaum je erreicht, vielmehr bewirken die Streithähne, dass sie einander mit Wortangriffen wehtun. Während der Auszeit sollten sich beide der Schmerzen, die sie dem Partner zugefügt haben, bewusst werden. Nach der Auszeit sollten sie sich dafür entschuldigen. Erst dann ist ein konstruktiver Dialog möglich.

Ein konstruktiver Dialog ist ein Gespräch, in dem beide das gleiche Ziel vor Augen haben: das Teamziel. Denn ein Paar ist ein Team. Teamspieler müssen dem Team zuliebe auch mal Kompromisse schliessen. Während eines Streites werden Teamgedanke und Teamziel vergessen. Und aus dem Team wird ein Gegeneinander. Die Auszeit dient dazu, zum Miteinander zurückzufinden. Denn getrennt voneinander können beide wieder frei denken und sich auf das konzentrieren, was ihnen wirklich wichtig ist: nicht der Sieg ohne Rücksicht auf Verluste, sondern eine Partnerschaft, die funktioniert. Nicht das Verletzen des Partners, sondern die Liebe.

Auszeit-Regeln