Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

22.7.2004 0

Vergessen Sie das Aber

Verkneifen Sie sich das Wörtchen «aber». Es wirkt wie ein Bremsklotz. Auf andere und auf Sie selbst. Ersetzen Sie es ganz einfach durch «und».

Aber, aber, aber ... Im täglichen Sprachgebrauch wimmelt es geradezu von «aber». Unscheinbar schleicht sich das kleine Wörtchen in Sätze ein und hat dort oftmals eine Wirkung, die alles andere als wünschenswert ist. Weil es einen Widerspruch ausdrückt und zwei Aussagen voneinander abgrenzt: «schön, aber teuer ...», «klein, aber fein». Was vor dem «aber» steht, verliert gegenüber dem, was danach steht, an Gewicht. Und das ist heikel.

«Toll, wie du deine Aufgaben gemacht hast – aber dein Zimmer könntest du trotzdem aufräumen», heisst es etwa oder «Ihr Schreiben ist sehr gut, aber Sie müssen es noch kürzen». Die Bemerkungen beginnen zwar mit einem Lob. Dieses wird durch das «aber» entwertet und an Bedingungen gekoppelt, die noch nicht erfüllt sind: Zimmer aufräumen. Schreiben kürzen. Das löst Frust und Abwehr aus. Es wirkt der Lust entgegen, das zu tun, wozu man aufgefordert wurde.

Netter Kommunizieren

Niemand hat etwas davon, wenn sich diejenigen, von denen er etwas will, gegen ihn stellen. Klüger ist, der sie sich zu Freunden macht. Indem er das «aber» weglässt oder es durch ein anderes, garantiert harmloses Wort ersetzt: durch das «und». «Toll, wie du deine Aufgaben gemacht hast! Und wenn du jetzt noch dein Zimmer aufräumen würdest, wäre das sensationell!», heisst es dann, und «Ihr Schreiben ist sehr gut! Könnten Sie es vielleicht noch etwas kürzen?» Hier wird das Lob nicht entwertet oder von Bedingungen abhängig gemacht. Und es fliesst motivierend in die darauf folgende Aufforderung.

Auch in Diskussionen wird das «aber» zu oft und ungeschickt eingesetzt. Eine Antwort, die mit «Ja, aber ich finde ...» beginnt, entwertet das vorher Gesagte und treibt das Gegenüber in eine Abwehrhaltung. Während «Ja, und ich finde zudem ...» dem Gegenüber seine eigene Meinung zugesteht.

Das Wort «aber» wertet fast immer ab. Manchmal unmerklich. Es verleiht einer neutralen Aussage einen schlechten Beigeschmack, wenn man sie einer positiven Aussage gegenüberstellt. Wer «Sie ist dick, aber attraktiv» sagt, macht das Wort «dick» schlecht. Das passiert nicht, wenn er sagt: «Sie ist dick und attraktiv.»

Ein «und» öffnet Türen

Und wer sich bei Grübeleien wie «Ich würde das gern tun, aber ich habe Angst davor» oder «Ich hätte die Stelle gern, aber sie ist so anspruchsvoll» ertappt, tut gut daran, auch ein bisschen an der Art und Weise, wie er seine Gedanken formuliert, zu feilen. Denn mit jedem «aber» stellt er sich einen Bremsklotz in den Weg. Das Wort «und» indes öffnet Türen: «Ich würde das gern tun, und ich habe Angst davor» heisst es neu oder «Ich hätte die Stelle gern, und sie ist so anspruchsvoll». Wo das «aber» die erste Satzhälfte zunichte macht, sagt das «und»: Beides ist möglich.

Zunächst klingt das «und» vielleicht unnatürlich. Schliesslich haben die meisten von uns schon als Kleinkinder eine Erziehung genossen, in der es vor «aber» nur so wimmelte. Das natürliche Gefühl kommt nur mit viel Übung. Und wer jetzt denkt: «Aber das ist so aufwändig!», dem sei gesagt: «Ja, das stimmt. Und es lohnt sich!»

Beobachten Sie sich selbst