Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

4.3.2004 0

Glück ist lernbar

Menschen, die im Leben ständig Pech haben, können das Blatt durch intensives Verhaltenstraining zum Guten wenden.

Tom behält einen Job selten länger als sechs Monate. Dann wird er regelmässig Opfer eines Mobbings. Nora hat kein Glück in der Liebe. Sobald sie sich auf einen Mann einlässt, wendet er sich von ihr ab. Und Karl ist auf der ganzen Linie ein Pechvogel: Schlicht alles, was er anpackt, geht schief. Haben Tom, Nora und Karl weniger Glück als andere? Wurden ihnen mehr Hürden in den Weg gelegt? Hat sich die Welt gegen sie gewendet?

Nein. Andere Menschen gehen die Herausforderungen des Lebens einfach mit besseren Strategien an. Während sie selbst immer mit den gleichen, unbrauchbaren Waffen dagegen anrennen – und so tatsächlich aus jeder Herausforderung eine Hürde machen. Tom etwa provoziert seine Arbeitskollegen mit aggressiven Sprüchen und hetzt sie damit gegen sich auf. Nora klammert sich so an ihre Partner, dass diese nach Luft japsend fliehen. Und Karl filtert durch eine tiefschwarze Brille alles Schöne und Gute aus seinem Gesichtsfeld weg.

Das Denkmuster ändern

Tom, Nora und Karl sind in ihrem Denken und Handeln routinierte Schwarzmaler. Dieses destruktive Muster erwächst der Überzeugung, im Leben abgewiesen, verlassen oder bestraft zu werden – einer Überzeugung, die in schlechten Kindheitserfahrungen wurzelt. Ob bewusst oder unbewusst, sie nehmen den drohenden Fall vorweg, ganz nach der Devise: «Wer unten angekommen ist, kann nicht weiter fallen.» Und so beschwören sie das herauf, wovor sie die ärgste Angst haben: verlassen, einsam und unglücklich zu sein.

Aus diesem Teufelskreis können sie ausbrechen. Wenn sie erkennen, dass sie nicht Opfer, sondern Gestalter ihres Lebens sind. Wenn sie sich über die negativen Botschaften ihrer Vergangenheit hinwegsetzen und bereit sind, sich von den Denk- und Verhaltensmustern zu verabschieden, über die sie sich bis anhin definierten. Wenn sie den Halt des Vertrauten aufgeben und den Schritt ins Ungewisse wagen. Wenn sie die Augen auftun und einen interessierten Blick auf andere richten.

Denn jetzt geht es ans Umlernen. Ihre «Studienobjekte» sind Menschen, die im Leben besser als sie funktionieren. Was sind deren Strategien und Motivationen? Was machen sie anders? Und dann heisst es über lange Zeit: «Nachmachen, austesten und sich Erfolgreiches zu Eigen machen».

Von anderen lernen

Diese Reise in die Welt anderer ist ein ausgezeichnetes Training neuer Verhaltens- und Denkweisen. Zudem verleiht sie Tom, Nora und Karl mehr Abstand zu sich selbst, was sie dazu befähigt, ihre alten Lebensstrategien klarer zu erkennen, kritischer zu benennen und besser von ihrem Selbst abzugrenzen – von der Person, die sie wirklich, in ihrem Kern, sind. Diese Selbsterkenntnis, dieses Selbst-Bewusstwerden wird ihnen auf die Dauer die Handlungsfreiheit geben, die ihnen bis anhin gefehlt hat.

Denn wer sich selbstbewusst erkennt und anerkennt, muss sich nicht an starre Denk- und Verhaltensmuster klammern, die ihn vordergründig definieren. Er kann sich vielmehr den Handlungsspielraum erlauben, der dazu nötig ist, auf jede Lebenssituation in einer Art, die ihr gerecht wird, einzugehen. Das Leben ist nicht schwarz. Es ist auch nicht weiss. Das Leben ist bunt. Zu bunt für starre Muster. Wer dieser Buntheit offen gegenübertritt, ist ein glücklicher Mensch.

Tipps fürs Verhaltenstraining