Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

08.1.2004

Machen Sie sich Beine

Fitness, Diät, Weiterbildung: Nach der ersten Begeisterung sinkt die Motivation oft schnell. So bleiben Sie dran.

Es ist tiefster Winter. Tim fühlt sich dick und schlapp. Er weiss, dass er etwas dagegen tun muss, aber er kann sich einfach zu nichts aufraffen. «Komm doch mal mit mir ins Fitnessstudio», schlägt sein Freund Adi, ein passionierter Bodybuilder, vor. «Zu zweit fällts leichter.» Tim zögert: «Von mir aus.» Einen Versuch ist es ja wert.

Drei Tage später bereut er seine Bereitschaft. Zwischen all den straffen Körpern fühlt er sich extrem unwohl. Um sich nicht zu blamieren, lädt er ordentlich Gewichte auf. «Halt!», ruft Adi. «Damit handelst du dir nur Frust ein. Und holst dir einen Rückenschaden.»

Besser klein anfangen

Er nimmt ein paar Gewichte weg: «Du musst klein anfangen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.» «So komm ich ja nirgendwo hin!», mault Tim. Adi widerspricht: «Im Gegenteil. Nur so kommst du irgendwo hin. Der Hauptgrund, warum die Motivation so vieler Fitnesswilliger nach anfänglichen Höhenflügen in den Keller absackt, ist, dass sie ihr Ziel zu hoch stecken.»

Er blickt Tim forschend an: «Was ist eigentlich dein Ziel? Warum bist du hier?» Tim antwortet spontan: «Ich will wieder fit und schlank sein.» Adi schüttelt energisch den Kopf: «Das ist kein Ziel. Das ist ein vager Traum. Damit kommst du nicht weit.» «Wieso?» «Weil es leichter ist, sich zu motivieren, wenn man ein konkretes Ziel vor Augen hat. Frag dich, was du in einem Monat erreicht haben willst.» Tim überlegt: «Von mir aus: Ich will in einem Monat zehn Zentimeter weniger Bauchumfang und zehn Zentimeter mehr Schulterumfang haben.» Adi zieht eine Grimasse: «Sehr konkret. Aber damit programmierst du den Misserfolg voraus. Denk an dein Alter. Dein Ziel muss auch realistisch sein.»

Den Massstab anpassen

Tim blickt mit finsterer Mine um sich. «Wenn ich realistisch bin, kann ich gleich aufgeben. Realistisch gesehen ist bei mir Hopfen und Malz verloren.»

«Hmm», meint Adi, «an welchem Ideal misst du dich denn? Du bist dein einziger Massstab. Nur so kannst du gewinnen. Denn jede Minute, die du trainierst, bringt dich weiter, als du jetzt bist. Jeder Schritt wird zum Erfolgserlebnis. Nur wer Erfolgserlebnisse hat, bleibt motiviert. Das gelingt nur, wenn man seine Ziele klein genug setzt.»

«Schön, aber auch wenn ich mir ein machbares Ziel setze, bleibe ich nie und nimmer einen Monat lang bis zum ersten Erfolgserlebnis motiviert.» Adi nickt: «Das Geheimnis ist, jede Handlung zum Erfolgserlebnis werden zu lassen. Du musst dir darum für jedes Training ein kleines Teilziel setzen. Und wenn dieses Ziel nur heisst: «Ich habe heute trainiert.» Nach dem Training kannst du dann zurückblicken und dich kurz auf deinen Lorbeeren ausruhen, bevor du den nächsten Trainingsschritt angehst.»

Realistische Ziele setzen

Was Fitnessprofi Adi zum Thema Motivation sagt, gilt nicht nur für das Krafttraining. Es gilt für Diäten wie für Abendkurse, es gilt für das Aufgeben einer alten Gewohnheit wie für das Lernen einer neuen Fertigkeit: Wer motiviert bleiben will, muss Erfolgserlebnisse haben. Erfolgserlebnisse hat nur, wer sich realistische Ziele setzt. Realistische Ziele setzt sich nur, wer Geduld mit sich hat. Geduld hat nur, wer seine Grenzen akzeptiert. Seine Grenzen akzeptiert nur, wer sich sagt: «Ich bin gut genug.

Das ist der erste Schritt auf dem Weg, besser zu werden.

Tipps zur Motivation