Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

10.2.2003 0

Verbote bringen nichts

Wenn Jugendliche kiffen, sind elterliche Predigten fehl am Platz. Zeigen Sie Ihrem Kind Offenheit und Zuneigung.

Die Cannabisprodukte Marihuana und Hasch haben auf viele Jugendliche eine magische Anziehungskraft. Wenn ein Joint die Runde macht, sagt kaum jemand Nein. Warum auch: Der Rausch ist angenehm, entspannend und gut dosierbar, die Neben- und Nachwirkungen gering. Zudem symbolisiert das Kiffen etwas Rebellisches, Verbotenes. Dass es auch schädliche Wirkung haben kann, vergessen die jungen Konsumenten gern.

Besser reden statt verbieten

Wie sollen Erziehungsberechtigte mit dieser Gefahr umgehen? Sollen sie ihren Kindern den Cannabiskonsum verbieten? Nein: Verbote und Kontrollversuche führen zu Rebellion. Was den Teens indes nicht verboten wird, darüber reden sie auch offener. Je mehr sich ein Kind öffnet, desto besser können seine Bezugspersonen mit ihrem guten Einfluss gegen weniger gute Einflüsse von aussen einwirken.

Einen guten Einfluss ausüben bedeutet nicht, den Jugendlichen klar zu machen, wie gefährlich ihr Verhalten ist – das macht die Droge für sie eher reizvoller –, sondern ihnen gesündere Verhaltensweisen schmackhaft zu machen. Die beste Art, dies zu tun, ist, als gutes Vorbild vorauszugehen. Was ein Kind zu Hause erlebt, prägt es viel mehr als das, was ihm vorgepredigt wird.

Und darum ist die beste Methode, ein Kind zur Offenheit zu erziehen, sie ihm vorzuleben. Egal, ob sie zusammenleben oder nicht, wenn seine elterlichen Bezugspersonen ein Team sind, möchte das Kind dazugehören, und es wird sich ihnen anvertrauen. Wenn ihm dann auch noch zugehört wird, entwickelt es sich zum offenen Menschen.

Umgekehrt lernt es, zuzumachen, wenn das offene Gespräch zu Hause nicht gefördert und wenn Konflikten ausgewichen wird. Und falls seine Bezugspersonen Alkohol, Zigaretten oder andere Drogen als Fluchtmittel einsetzen, lernt das Kind, dass dies die bevorzugte Strategie zur Konflikt- und Problembewältigung ist. Vor diesem Hintergrund wird der Cannabiskonsum im Jugendalter gefährlich.

Erschwerend kommt dazu, dass sich Kinder und Jugendliche abgewiesen fühlen, wenn ihre elterlichen Bezugspersonen einander abweisen, denn sie identifizieren sich mit jedem von ihnen. Sie fühlen sich auch abgewiesen, wenn man ihnen nicht zuhört, wenn man sie nicht ernst nimmt. Das tut weh. Ein Joint lässt den Schmerz in einem Instant-Wohlgefühl verpuffen, das süchtig machen kann.

Droge für eine bessere Welt

Wenn ein Jugendlicher nicht kifft, weil er es aufregend und angenehm findet, sondern damit es ihm grundsätzlich besser geht, blinken alle Warnlichter. Hier ist die Lust in Flucht umgeschlagen, und Flucht führt in die Sucht. Anzeichen für ein Suchtproblem sind Gereiztheit, das Vernachlässigen alter Interessen und Freunde, Zurückgezogenheit und schlechte Schulnoten.

Dann sollten Eltern das Gespräch mit einem Therapeuten nicht scheuen. In der Therapie stellt sich vielleicht heraus, dass die ganze Familie aus dem Drogenproblem des Kindes dazulernen kann. Haben die Eltern deshalb versagt? Nein. Sie waren ja auch mal Kinder und haben selbst Eltern. Eine Therapie kann Muster durchbrechen, die eine Familie über Generationen überschattet haben. Der Gang zum Therapeuten zeugt nicht von Versagen, sondern von elterlicher Liebe. Das Kind wird später einmal dankbar sein.

Eltern sind Vorbilder