Annette Bischof-Campbell: Ratgeber Psychologie

27.2.2003

Weg mit den Sorgen

Wer ständig grübelt, verpasst den Augenblick. Eine Sorgenliste schafft Abhilfe.

Dass der Mensch sich ab und zu Sorgen macht, ist schön und gut – aber manchmal nehmen die sorgenvollen Gedanken überhand. Sie kreisen um die Arbeit, die Familie, das Geld, die Gesundheit, das Weltgeschehen – und darüber lässt man das Essen anbrennen, vergisst, wieso man ins Nebenzimmer gegangen ist, verpasst, was der Kollege erzählt, oder liegt schlaflos im Bett.

Seine Grübeleien halten den Menschen davon ab, wirklich bei der Sache zu sein: Er verpasst den Augenblick. Statt im Hier und Jetzt ist er im Sorgensumpf. Sein Gehirn ist mit all den sorgenvollen Gedanken schlicht überfordert.

Ein halbe Stunde ist genug

Besser fährt derjenige, der eins ums andere angeht, jede Handlung für sich. Das gilt auch fürs Sorgenmachen: Täglich gönnt er sich eine halbe Stunde «Sorgenzeit», in der er sich ausschliesslich mit seinen Sorgen auseinander setzt, die er minuziös auf eine Liste geschrieben hat: Er fragt sich, wie wichtig die einzelnen Sorgen sind, und überlegt, welche darunter er beeinflussen kann und welche nicht. Wer sich etwa um die Gesundheit seiner Mutter sorgt, merkt vielleicht auf einmal, dass er das gar nicht beeinflussen kann. Die anstehende Diplomprüfung hingegen schon: Auf die kann er sich optimal vorbereiten.

Früher oder später gelangt man zur Einsicht, dass man sämtliche Energie auf das Abbauen von Sorgen verwendet, auf die man tatsächlich Einfluss hat. Alle anderen werden unter «nicht meine Sorgen» abgebucht. Diese Haltung signalisiert nicht, dass man ein kaltherziger, verantwortungsloser Mitmensch ist, sondern steht für die Einsicht, dass man seine Energie sinnlos verpulvert, wenn man sich um Dinge sorgt, die nicht zu ändern sind.

Das soll jedoch nicht heissen, dass man die Sorgen, die im Moment nicht beeinflussbar sind, einfach ignorieren soll. Man lässt sie einfach auf der Sorgenliste stehen und widmet sich ihnen in der Sorgenzeit. Dieser Trick macht es leichter, sie während des übrigen Tages loszulassen.

In der «sorgenfreien Zeit» übt man möglichst oft, sich auf den Augenblick zu konzentrieren. Denn: Wie Sorgen die Konzentration stören, so verdrängt Konzentration die Sorgen. Der Grund? Wenn das Gehirn voll auf etwas konzentriert ist, bleibt schlicht kein Platz für Grübeleien.

Die Gedanken beschreiben

Jeder Mensch kennt das wunderbare Gefühl, hingebungsvoll bei der Sache zu sein. Diese Art von totaler Konzentration lässt sich bei allem, was man tut, trainieren. So gehts: Man wird zu seinem eigenen Beobachter und kommentiert in Gedanken das Geschehen. Zum Beispiel: «Ich schneide eine Zwiebel. Ich sehe das saftige Fleisch. Ich spüre ein Brennen in den Augen.» Diese einfachen Sätze verdrängen alle anderen Gedanken und fördern das bewusste Erleben des Augenblicks.

Und sollten sich dennoch sorgenvolle Gedanken einschleichen, verweist man sie kurzerhand an ihren Platz: «Ich kann mit eurer Hilfe jetzt gar nichts ändern. Ich besuche euch in der Sorgenzeit.»

Das klappt am Anfang vielleicht nur bedingt. Aber Übung macht den Meister. Und die Energie, die der Mensch investiert, um aus dem Sorgensumpf ins Hier und Jetzt zurückzufinden, ist nichts im Vergleich zu der Energie, die er ins sinnlose Sichsorgenmachen verpulvert.

Üben Sie den Umgang mit Sorgen